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John Vincent III: Songs For The Canyon (Review)

Artist:

John Vincent III

John Vincent III: Songs For The Canyon
Album:

Songs For The Canyon

Medium: CD/Download/LP farbig
Stil:

Singer/Songwriter, Folk, Americana, Indie Pop

Label: Concord/Universal
Spieldauer: 43:31
Erschienen: 17.11.2023
Website: [Link]

Es ist immer ein Problem, wenn die Probleme des Musikers zu denen des Hörers werden, weil der Musiker eben seine Probleme in seiner Musik verarbeitet und den Hörer regelrecht zwingt, diesen beizuwohnen. Ein Satz mit vielen 'Problemen' gleich zum Anfang – so wie eben „Songs For The Canyon“ von JOHN VINCENT III ein extrem problembeladenes Album geworden ist, zu dem uns der 27-jährige Singer/Songwriter aus Los Angeles, der mit seinem Debüt „Songs From The Valley“ 2019 viel Lob erntete, gleich wissen lässt: „Dieses Album war therapeutisch – ich habe nur versucht herauszufinden, was zum Teufel ich durchgemacht habe. Vielleicht habe ich noch immer nicht die Antworten darauf, aber ich habe versucht mein Bestes zu geben und ein ehrliches Album zu schaffen.“

Es ist nun an uns, uns ihm gegenüber zu öffnen – doch das funktioniert anfangs wirklich nur, wenn wir dem Singer/Songwriter mit seiner charismatischen Stimme und seinen tiefgründigen Texten bewusst folgen – und dazu lädt uns sofort der extrem bewegende Song „Highway Woman“ in die LP ein, die durchgängig zu bewegen vermag. Nur einlassen müssen wir uns darauf…

Einem tiefen Abtauchen in die frühe 60er-Jahre-Folk-Szene rund um den Laurel Canyon gleicht „Songs For The Canyon“.
Ruhige, oft vom Klavier geprägte Songs mit viel melancholischem Gesang, der mitunter – wenn dann auch noch Streicher dazukommen – so viel Trauer in sich trägt, dass man verblüfft darüber ist, dass der Sänger nicht während seines Gesangs in Tränen ausbricht, wie beispielsweise in dem Trennungs-Song „When She Leaves“.

Oder der unvergessene NICK DRAKE, dessen Geist definitiv in dem Song „Lincoln, N.B.“ eingezogen ist und sich von dort nie wieder fortbewegt. Wir werden viel entdecken und oft andächtig zuhören, auch weil die ungeheuer warme Produktion der LP genau ideal zu den oft als Balladen vorgetragenen und sich bis zu Hymnen steigernden Songs passt, in denen nicht nur in Novalis' Sinne blaue Blumen blühen, sondern auch die blauen Vögel dazu singen, begleitet von akustischer Gitarre und Pedal Steel.

Ein Album, wäre es vor einem halben Jahrhundert veröffentlicht worden, so hätte es den Alben von BOB DYLAN und NEIL YOUNG und sogar NICK DRAKE ernsthafte Konkurrenz gemacht.
Selbst die Gestaltung der LP im Gatefoldcover im Sixties-Stil hält diesen Trend. Schlägt man die LP auf, gibt’s im Inneren des Gatefoldcovers alle von Hand geschriebenen (farbigen) Texte zu entdecken. Und vielleicht werden ja ein paar Leute verstehen, warum die Dylan-Young-Wurzeln ihres Erfolgs genau in dieser Zeit liegen, als sie noch „Helpless“ und „Like A Rolling Stone“ waren. Für JOHN VINCENT III ist das ein „Dandelion“.

Musik als Lebenselixier.
Kein Stream, kein Download, kein Computer, keine Smartphones.
Da hörte man ganz anders zu – da lebte man in und mit seiner Musik. Genauso wie es JOHN VINCENT III auf „Songs For The Canyon“ tut. Wahrscheinlich nur ein halbes Jahrhundert zu spät – hineingeworfen in eine fremdbestimmte Zeit aus Internet, Digitalisierung und permanenter Mobilität.
Wer glaubt, dass darin nicht der Weisheit letzter Schluss und der Sinn von Musik liegt, der wird „Songs For The Canyon“ nicht nur für sich entdecken, sondern so intensiv lieben, als wäre die Zeit anno 1970 stehengeblieben.
Genau: „That's Just The Way It Is, Babe“!

Seltsam, wie sehr dieses „Helpless“ auch heute noch gilt, während JOHN VINCENT III dazu singt: „The river wrote a song / And it speaks to me as I sleep […] The morning sun walking through my window / Over and over like a rolling stone“ („Rolling Stone“).

Besser kann man sich kaum aus einem Album verabschieden, welches all seine Folk-Wurzeln in den Hochzeiten der Spätsechziger- und Frühsiebziger-Jahre sucht und findet. Schön wenn daraus solche Songs wie auf „Songs For The Canyon“ sprießen.

FAZIT: Als sich der heute 27-jährige amerikanische Singer/Songwriter JOHN VINCENT III nach seiner ersten beachtlichen LP anno 2019 gerade zu etablieren versuchte und jede Menge Anerkennung und Aufmerksamkeit erhielt, schien ihm die kurz darauf massiv ausbrechende Pandemie das Musik-Genick brechen zu wollen. Doch statt sich selbstmitleidig zurückzulehnen und der Dinge zu harren, die da unweigerlich auf ihn zuzukommen schienen, schnappte er sich seine Freundin und fuhr mit einem alten, klapprigen Ford Transit-Van acht Monate lang durch die amerikanischen Canyons und schrieb währenddessen diese unglaublichen Folk-Songs im besten Sinne und Geiste solcher Größen wie Nick Drake, Neil Young oder Bob Dylan. So und nicht anders klang die Musik zu einer Zeit, als Digitalisierung ein Fremdwort und Woodstock selbst für Folk-Liedermacher nicht weit war. „Songs For The Canyon“ (auf gelbem Vinyl) ist ein faszinierendes Zweitwerk voller Tiefe und Schönheit und so zerbrechlich wie der Grashalm am Rande der Straße, den man achtlos überrollt, der sich aber kurze Zeit später wieder aufrichtet…

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2018x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (20:18):
  • Highway Woman (3:48)
  • Lincoln, NB (2:39)
  • Dandelion (3:29)
  • Bluebird Singing (4:00)
  • When She Leaves (3:58)
  • Juniper And Yellow (2:24)
  • Seite B (23:13):
  • I Lit A Fire (4:10)
  • That's Just The Way It Is, Babe (3:28)
  • More Than Alive (3:31)
  • On And On (4:17)
  • Rolling Stone (2:31)
  • Money And My Pride (5:16)

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